Wiener Staatsoper: Ring des Nibelungen WALKÜRE

RING DES NIBELUNGEN - Wiener Staatsoper

DIE WALKÜRE 6. November 2011

Zu einem Triumph wurde die Aufführung der "Walküre", die zweite Oper aus Wagners "Ring des Nibelungen", am Sonntag an der Wiener Staatsoper. Der Dirigent Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker, sowie ein sehr gutes Sängerensemble interpretierten das Stück in einer ansprechenden, ästhetischen Inszenierung von Sven-Eric Bechtholf denkwürdig und wurden vom Publikum frenetisch gefeiert.

Wie beim "Rheingold" wurde Thielemann bereits beim ersten Auftritt bejubelt. Er wandte sich dem Orchester zu und ging gleich in medias res mit dem Beginn des Ersten Akts und der Sturmmusik, rythmisch präzise von den Streichern, beherzt und aufbrausend im Blech. Man war vom ersten Takt an gefangen. Die drei Sänger dieses dramaturgisch für sich allein stehenden Akts konnte man nicht besser auswählen: Christopher Ventris war ein viriler und erfahrender Siegmund, glänzend in der Höhe und stark im Ausdruck. Die "Winterstürme" gelangen wunderbar belkantesk und arios, von den "Wälse"-Rufen bis zum Aktschluss gab es keine Ermüdungserscheinungen. Eric Halvarson sang das erste Mal den Hunding an der Staatsoper. Rauh, böse und brutal verlieh er der Rolle die nötigen Stimmakzente. Ein wahres Ereignis war aber die Sieglinde der Waltraut Meier. Seit mehr als 15 Jahren ist die Partie in ihrem Repertoire. Dennoch schien man sie dieses Mal ganz neu gehört zu haben. Dank der phänomenalen Zurücknahme des Orchesters durch den Dirigenten brauchte sie wenig Stimme, um zum Beispiel die Erzählung "Der Männer Sippe" zu singen. Intim, im piano, so als ob sie den schlafenden Hunding nicht aufwecken wollte, berichtete sie von dem Schwert im Eschenstamm. Im "Du bist der Lenz" blühte sie auf und gegen Ende, bei "Siegmund, so nenn ich dich!" füllte sie das Haus mit ihrem starken Mezzo. Intelligenter kann man diese Rolle nicht gestalten. Zu erwähnen sind auch die hervorragenden Bläser des Orchesters (Basstrompete), welche die immer wiederkehrenden Schwertmotive hinreissend schön spielten, oft mit enormen ritardandi (Verlangsamungen) verziert.

Die Auseinandersetzung zwischen Wotan und Fricka zu Beginn des zweiten Akts wurde dann zu einer kleinen Enttäuschung. Janina Baechle, die schon im "Rheingold" wenig als Wotans Gattin überzeugte, war auch hier nicht in ihrem Element. Zwar gestaltete sie manche Passagen ausdrucksvoll, ihre Stimme flackerte aber unschön, eng in der Höhe und die eigentliche Überlegenheit im Zwiegespräch mit Wotan konnte sie während dieser kurzen Szene nicht aufzeigen. Katarina Dalayman debütierte als Brünnhilde in Wien und legte sich bei den "Hojotoho" Rufen mächtig ins Zeug. Diese dramatischen Spitzentöne überzeugten gleichermaßen wie die, ohne Flackern ruhig geführte Stimme im späteren Verlauf der Oper (vergleicht man ihre "Götterdämmerungs"-Brünnhilde unter Rattle in Salzburg). Albert Dohmen gestaltete seinen langen Monolog differenziert und sicher. Nach der wiederum sehr überzeugenden Wahnsinnsszene Sieglindes von Waltraud Meier kam der Höhepunkt des zweiten Akts: die Todverküdigung. Schon beim Übergang der letzten Takte der Musik während Sieglinde einschläft hin zum so genannten Schicksalskunde-Motiv kamen Zauberklänge aus dem Orchestergraben. Man wähnte sich fast im Stillstand, im musikalischen Nichts. Ein erstaunlicher Effekt, den Thielemann da ansteuerte. Erhaben, extrem liebevoll sangen Brünnhilde und Siegmund hier ihr Duett, man spürte den Schwermut, mit dem Wotans Tochter ihren Halbbruder todkündend gegenüber tritt.

Der berühmte Walküren-Ritt des dritten Akts war gekennzeichnet durch die logisch aufgeschlüsselte Rythmik in den übereinanderliegenden Instrumentengruppen. Klar, durchsichtig und vor allem im Mezzoforte gespielt, nicht wie sonst als Bravourstück oder Effekthascherei angelegt. Die Stimmen der acht Walküren waren jede für sich sehr gut besetzt, gut einstudiert die Ensembles. Waltraud Meier brillierte zu Letzt noch mit einem ausdrucksstarken "hehrsten Wunder". Das Schlussduett Wotan-Brünnhilde war von sensibler Zeichengebung, großartigem Schauspiel und Wortdeutlichkeit geprägt. Überhaupt muss man Dohmen und Dalayman zu ihrer Diktion des Wagnerschen Textes gratulieren. Jedes Wort hat Gewicht, zusammen mit der klanglich ausgewogenen Orchestersprache gelang ein Bravourstück an Wagner-Gesang. Übertroffen wurde diese großartige Leistung nur mehr durch den Schlussgesang Wotans und den Feuerzauber. Hier vollbrachte Thielemann wiederum ein Wunder an musikalischen Farben, Dohmen hauchte "Der Augen leuchtendes Paar" ebenso wie er intensiv, mit langem Atem und kraftvoll ohne Ermüdung zum Ende noch den Ton auf "durchschreite das Feuer nie" hielt. Magische Stille nach dem Schlussakkord, erst nach 10 Sekunden Applaus. Nicht enden wollend.

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