Mysterium Miserere|Sakralmusik mit Saxophon in Otto Wagner Kirche

Miserere (Allegri)
Johannes Hiemetsberger
chorus sine nomine
Michael Krenn
€ 19,90


Gregorio Allegris ,Miserere' ist unter allen Vertonungen des Flehens um Gnade des Herrn die berühmteste und zugleich diejenige, die bewusst mit dem Mantel des Mysteriums umhängt wurde. Seit das menschenverachtende Projekt der Inquisition gescheitert war, gab es keine gefürchtetere Strafe der Geistlichkeit als die der Exkommunikation, und dies Damoklesschwert drohte all jenen, die es wagen würden, die Musik von Allegris Miserere über die Mauern des Vatikan hinaus in die Welt zu tragen. Als dies dann doch geschah - und es ist in einem Brief seines Vaters Leopold überliefert, dass Wolfgang Amadeus Mozart das Werk nach einmaligem Hören in der Sixtinischen Kapelle niederschrieb -, wurde das mysteriöse ,Miserere' von Charles Burney in England veröffentlicht - an einem aufgeklärten Ort, der sich den päpstlichen Krakenarmen längst entzogen hatte. Das ursprüngliche Miserere, die Grundlagenkomposition, ist von archaischer Einfachheit, und die sixtinischen Sänger waren berühmt für ihre herrlichen Auszierungen der Oberstimme, die uns dieser Erstdruck vorenthielt. So bildete diese Komposition, die auch bei der Beisetzung Ludwig van Beethovens in Wien erklang, stets einen legitimen Ausgangspunkt für kreative Entfaltung.

Der junge Saxophonist Michael Krenn lässt die Tradition der Ausschmückung in feinsinnigster Weise wieder aufblühen, und seine so anschmiegsam sanften wie verhalten ekstatischen, aus dem Moment entstehenden Kontrapunkte mögen in ihrer sanglichen Innigkeit manchen Hörer an das Rufen eines Muezzins erinnern. Ein neuer interkultureller Raum entsteht, bis hin zum Flüstern, in die Stille lauschen, Trommeln, Jauchzen, zum Aufblühen des puren stehenden Klangs im Chorus sine nomine, über welchem das Saxophon seine melodische Bahn zieht wie ein Widerschein des Orients in der mächtigen Kirchenkuppel. Hier schließt sich der ästhetische Kreis, begegnen sich okzidentale Vertikale und orientalische Horizontale, polyphone Harmonie und von Taktgrenzen befreites Melos, Gegenwart und Ursprung. Aus klarer Struktur von zeitloser Schönheit erwächst das Ornament, wie in der Architektur Otto Wagners. In der Welt der Musik, jenseits des alltäglichen Irrsinns der Normalität. (Christoph Schlüren für Gramola)

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