MHM Fokus Meinung
Im Fersehen boomt die Casting-Show. Das Format "Prominent besetzte Jury bewertet angehende Super-Stars aus dem allgemeinen Volk" ist laut Einschaltquoten der Renner. Ob bei RTL und anderen Privatsendern oder auch beim Österreichischen Rundfunk mit seiner "Großen Chance", jedermann kann sich präsentieren mit was auch immer für Fähigkeiten. Manchmal gilt, je schräger und unglaublicher, desto beliebter. Und hat man noch mit einem traurigen Lebensschicksal zu kämpfen, gibts den Mitleids-Bonus. So weit so gut. Wems gefällt.
Beim ORF gabs jetzt den Skandal: Jurymitglied SIDO schlug Society Reporter Heinzl mit der Faust nach einem verbalen Schlagabtausch. Konsequenz ist die sofortige Freistellung SIDOs aus der Jury. Heinzls Sendung "Chili" wird mit Ende des Jahres eingestellt. Doch jetzt? SIDO kehrt zurück in die "Große Chance" und bekommt seine zweite Chance. Karin Zechner, Programmdirektorin des ORF, gewährt dem Gewalttäter die Rückkehr. Angebliche Reue und ein "Entschuldigung" wie bei einem Sechsjährigen, der beim Ballspiel die Fensterscheibe eingeschlagen hat, genügen. Nun hat der ORF wieder den krass-coolen Sprücheklopfer im Programm. Der brave Seifenstein alias Robert Heinrich konnte als spontaner Ersatz nicht überzeugen. Was soll auch eine fiktive K&K Figur in einer Realityshow?
Was von der Affäre übrigbleibt ist ein gewisser Medieneffekt und die Niveaulosigkeit, mit der der ORF weiterhin zu kämpfen hat. Unterhaltung sieht anders aus.
Im öffentlichen Fernsehen dürfen sich (sogenannte) Künstler schlagen und dennoch ihren Arbeitsplatz behalten. Wenn das nicht mal eine Vorbildfunktion für das vorwiegend junge Publikum ist. Kein Wunder also, dass sich Schlagzeilen häufen, in denen von Gewalt unter Jugendlichen in Lokalen und auf den Strassen davor zu lesen ist. Der Salzburger Rudolfskai wird Freitag Abend nach den verbalen Ausfälligkeiten des Rappers zur Schlägermeile. Seine wortgewaltige, brutale Musik scheint den Soundtrack für das Fortgeh-Massaker darzustellen.
Verblüffend aber, dass es bei den Casting-Shows im Fernsehen eigentlich um Kunst geht. Vorwiegend Musik. Der Kulturauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens verschwimmt aber irgendwo zwischen derber Komik und aggressiver Selbstverherrlichung von letztendlich primitiven Sprücheklopfern.
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