B wie Bartok - Isabelle Faust widmet sich beiden Violinkonzerten

Bela Bartok
Violinkonzerte
Isabelle Faust, Daniel Harding
€ 19,90

Die Geigerin Isabelle Faust befindet sich aufnahmetechnisch seit einiger Zeit in der B-Zone. Nach den Violinkonzerten von Beethoven und Berg hat sie zuletzt dieViolin Solowerke von Bach veröffentlicht. Jetzt folgen die beiden Violinkonzerte von Béla Bartók, die sie mit dem schwedischen Radio-Sinfonieorchester unter Daniel Harding aufgenommen hat.

Schmetterlinge im Bauch

Sie hat sich minutiös vorbereitet, hat sämtliches Material zu Rate gezogen und dabei festgestellt, dass die vorhandenen Quellen alle mit unterschiedlichen Phrasierungs- und Artikulationshinweisen versehen sind. Daraus hat Faust nun die für sie beste Variante erstellt.
Bartók hat sein erstes Violinkonzert ab Sommer 1907 komponiert, als er bis über beide Ohren in die Geigerin Stefi Geyer verliebt war. Doch ein Jahr später beendete die Angebetete die Beziehung und lehnte es demzufolge ab, die Uraufführung dieses Konzerts zu spielen. So dauerte es bis 1958, bis das Werk erstmals in Basel öffentlich aufgeführt wurde.
Der erste Satz stellt das Idealbild Stefis dar. Er verlangt einen schwebenden, getragenen Ton, aber bitte nicht süßlich. Faust spielt das dementsprechend nicht wie in einem Liebesfilm aus Hollywood, sondern wunderbar schlicht. Sie rückt ihre Technik nicht ins Schaufenster: Hört her, wie gut ich bin! - sondern stellt sich ganz in den Dienst der Sache, auch im zweiten Satz, der die neckische, ironische Seite Stefi Geyers abbildet.

Gereifter Meister

Ist das erste Konzert das Werk eines 26-jährigen verliebten Idealisten, zeigt das genau 30 Jahre später entstandene zweite Konzert Bartók als gereiften Meister, der am Beginn sogar mit der Zwölftonmusik experimentiert.
Bartók plante ein größeres Variationenwerk, doch letztlich hat er zu einem neuen Umgang mit der herkömmlichen Konzertform gefunden: Der langsame Satz ist ein Variationensatz und der dritte ist eine genaue Kopie des ersten Satzes. Auch hier zuckert Faust nicht auf ihren Saiten, sie wirbt nicht für sich selbst, sondern für die Musik, die sie spielt.

Genauigkeit und Spielfreude

An Fausts Seite agiert das von Daniel Harding geleitete Radio-Symphonieorchester aus Schweden. Es ist eine bestürzend klare Interpretation: Jedes der Solo-Instrumente tritt mit der gebotenen Deutlichkeit hervor, die lyrischen Passagen gleichen einem geheimnisvollen Flüstern, die volksliedhaften Momente gelingen mit größtmöglicher Natürlichkeit und die Tutti-Stellen branden gefährlich auf.
Es sind nicht nur die geigerischen Einzelheiten, sondern auch Fausts Kommunikation mit dem Orchester, die den Hörer anspringen. Genauigkeit und Spielfreude, die Kunst des Filigranen und die Lust am Kantigen werden hier mustergültig eingefangen.

NDR Kultur, Vratz

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